Wie prüfe und kalibriere ich Saatgutstreuer für gleichmäßige Aussaat ohne Labor

Wie prüfe und kalibriere ich Saatgutstreuer für gleichmäßige Aussaat ohne Labor

Gute Aussaat beginnt nicht erst auf dem Feld – sie beginnt in der Werkstatt mit der richtigen Prüfung und Kalibrierung des Saatgutstreuers. Ich erkläre hier, wie ich Saatgutstreuer ohne Laborgerät zuverlässig prüfe und kalibriere, damit die Aussaat gleichmäßig und reproduzierbar wird. Die Methoden sind praxisbewährt, einfach durchzuführen und benötigen nur wenig Spezialwerkzeug.

Warum Kalibrierung wichtig ist

Ungenaue Ausbringmengen führen zu Streifen, Doppelreihen oder Lücken im Bestand. Das kostet Ertrag und Nerven. Eine regelmäßige Kalibrierung sichert die gewünschte Aussaatstärke und hilft, Diagnosen bei ungleichmäßigem Bestand schnell einzugrenzen. Selbst moderne ISOBUS-gesteuerte Streuer brauchen manuelle Stichproben, denn Sättigung, Feuchtigkeit und Materialeigenschaften ändern die Fördercharakteristik.

Ausrüstung, die ich empfehle

Für die Praxisprüfung brauche ich nur wenige Hilfsmittel. Alles ist leicht zu beschaffen:

  • Messbecher (1 l, 5 l)
  • Waage (0,1 g Genauigkeit)
  • Stoppuhr
  • Fangbehälter oder Planen zum Auffangen von Saatgut
  • Notizblock oder Smartphone für Messwerte
  • Meterstab oder Maßband
  • Thermometer und Hygrometer (optional, für Materialbedingungen)
  • Marken wie Amazone, Kverneland oder Sulky liefern oft Kalibrierungsanleitungen für ihre Streuer; ich vergleiche diese Angaben regelmäßig mit meinen Messungen.

    Vorbereitung vor der Prüfung

    Bevor ich messe, gehe ich systematisch vor:

  • Säubern: Saatgutbehälter und Austragsmechanik von Rückständen befreien. Verstopfungen und klemmende Schieber sind häufige Fehlerquellen.
  • Sortieren: Saatgut auf Fremdkörper und Klumpen prüfen.
  • Einstellungen zurücksetzen: Getriebe, Scheiben, Dosierklappen auf eine Standardstellung bringen (Herstellerangaben oder mittlere Stellung).
  • Wetterdaten notieren: Luftfeuchte und Temperatur können Fließeigenschaften des Saatguts beeinflussen.
  • Die einfache Fangmethode – Schritt für Schritt

    Das ist mein Standardtest, wenn kein Labor zur Verfügung steht:

  • Feld-/Werkstattposition: Streuer auf einen ebenen Platz stellen.
  • Markieren: Auf dem Boden eine Testfläche abmessen (z. B. 1 m × Arbeitsbreite oder ein Bereich unter jeder Einzelöffnung).
  • Fangen: Unter dem Streuer einen Behälter oder eine Plane auslegen, die das komplette ausgestreute Saatgut auffängt.
  • Anlauf: Streuermotor oder PTO einschalten und genau 30 Sekunden oder 60 Sekunden laufen lassen. Ich nutze bevorzugt 60 s – das reduziert den Messfehler.
  • Wiegen: Das aufgefangene Saatgut mit der Waage wiegen (Trockenmasse).
  • Hochrechnen: Auf eine Fläche oder auf 1 ha hochrechnen (siehe Beispielrechnungen weiter unten).
  • Rechenbeispiele und Umrechnung

    Die Umrechnung ist das Herz der Kalibrierung. Ich adaptiere die Formeln an meine Messdauer und Arbeitsbreite.

    Beispiel 1 – Direkte Hochrechnung (60 s Messung):

    Angaben:

  • Gewicht gefangen = 120 g
  • Messdauer = 60 s
  • Drehzahl/Fortschritt entspricht normaler Fahrgeschwindigkeit
  • Arbeitsbreite = 6 m
  • Wenn der Streuer in der Minute der normalen Fahrgeschwindigkeit eine Fläche abdeckt von: Fahrgeschwindigkeit (km/h) × 16,67 × Arbeitsbreite (m) ergibt die Länge in m pro Minute. Bei 8 km/h: 8 × 16,67 = 133,36 m/min. Fläche = 133,36 m × 6 m = 800 m² pro Minute.

    Hochrechnung auf 1 ha (10.000 m²):

    120 g / 800 m² = 0,15 g/m² → 0,15 × 10.000 = 1.500 g/ha = 1,5 kg/ha

    Beispiel 2 – Samenanzahl pro m² (bei Körnern):

  • Gewicht gefangen = 200 g
  • Durchschnittliches Tausendkorngewicht (TKW) = 45 g
  • Anzahl Körner = 200 g / 45 g × 1000 ≈ 4.444 Körner

    Wenn die Messung 1.000 m² abdeckt, wären das ≈ 4,44 Körner/m².

    Kalibrieren nach Ziel-Aussaatstärke

    Wenn ich eine Zielmenge (z. B. 200 Körner/m² oder 180 kg/ha) habe, vergleiche ich gemessene Werte mit dem Soll und passe die Dosiermechanik an:

  • Ändern der Getriebeübersetzung (falls möglich)
  • Voreinstellung der Dosierscheibe oder Klappe
  • Veränderung der Scheibengeschwindigkeit oder Antriebsdrehzahl
  • Ich dokumentiere jede Einstellung und wiederhole die Messung, bis Abweichung ±5 % beträgt. Bei feinerem Saatgut oder engen Toleranzen gehe ich auf ±3 % runter.

    Kalibrierung einzelner Abgänge (Reihen- oder Einzelkornsägeräte)

    Bei Einzelkornsägeräten oder Sägeräten mit mehreren Abgängen prüfe ich jeden Abgang separat. Dafür nutze ich kleine Eimer unter jeder Reihe und messe die Verteilung:

  • Ungleichmäßigkeiten über 10 % deuten auf verschmutzte Pick-Up-Einheiten, falsch eingestellte Dosierscheiben oder beschädigte Förderelemente hin.
  • Bei elektrischen Einzelabtrieben (z. B. Precision Seeders) immer auch die Software-Sollwerte gegen reale Messungen validieren.
  • Häufige Fehlerquellen und wie ich sie behebe

    Aus meiner Praxis die häufigsten Ursachen für ungleichmäßige Aussaat:

  • Verschmutzte Dosierscheiben oder -löcher → Reinigung und Ersatz verschlissener Teile.
  • Feuchtes Saatgut → Trocknen oder Zugabe von Fließhilfe (nur nach Herstellerempfehlung).
  • Ungleichmäßige Förderschnecken → Austausch oder Justage.
  • Falsche Fahrgeschwindigkeit → Kalibrierung sollte immer bei der typischen Arbeitsgeschwindigkeit erfolgen.
  • Vibrationsverlust an Halterungen → Schrauben nachziehen, Gummipuffer prüfen.
  • Praxis-Tipp: Kontrollfahrten und Feldkontrollen

    Kalibrierung in der Werkstatt ist die Basis. Danach mache ich Kontrollfahrten aufs Feld: in unterschiedlichen Bodenbedingungen, bei leichtem Hang und bei variierender Restfeuchte. Direkt nach der Aussaat kontrolliere ich Reihenabstände, Körnerlage (mit einer Hacke aufgraben) und führe Nachmessungen durch. Nur so erkenne ich realitätsnah, wie sich die Einstellung in der Praxis auswirkt.

    Dokumentation und Routine

    Ich führe ein kleines Kalibrierungsheft für jeden Streuer: Datum, Saatgutart, TKW, Luftfeuchte, gewählter Sollwert, gemessene Werte und eingestellte Parameter. Das spart Zeit bei der nächsten Aussaat und hilft, gerätespezifische Eigenheiten zu dokumentieren.

    Wenn nichts mehr hilft: Wann die Werkstatt ran muss

    Manche Probleme lassen sich nicht durch Kalibrierung lösen: beschädigte Förderwellen, Elektronikfehler bei teilautonomen Dosiersystemen oder Risse im Behälter. Dann suche ich gezielt nach Ersatzteilen beim Hersteller oder bringe das Gerät in die Fachwerkstatt. Aber die meisten Ungenauigkeiten löse ich mit den beschriebenen, einfachen Prüfmethoden selbst.

    MessdauerVorteilNachteile
    30 SekundenSchnell, geringerer MaterialverbrauchHöherer Messfehler bei kleinen Mengen
    60 SekundenGeringerer Messfehler, zuverlässigerBenötigt mehr Zeit und Saatgut

    Wenn Sie möchten, schicke ich gern eine einfache Kalibrierkarte als PDF zum Ausdrucken, die Sie neben den Streuer legen können. So lassen sich Messungen während der Saison schneller und systematischer durchführen.


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