Telemetriedaten sind für mich längst kein technisches Buzzword mehr, sondern tägliches Arbeitsmaterial: Sie helfen, Störungen früh zu erkennen, Verschleiß zu planen und Einsätze effizienter zu gestalten. Bei Claas-Traktoren (und vergleichbaren Fabrikaten) steckt hinter den Meldungen und Zahlen eine Menge Praxiswissen — hier beschreibe ich, wie ich Telemetriedaten lese, interpretiere und für die Fehlerprävention nutze.
Welche Daten liefert Claas-Telemetrie grundsätzlich?
Claas setzt bei vielen Modellen auf eine Kombination aus fahrzeuginterner Steuerung, CAN-Bus-Kommunikation und dem Cloud-Dienst Claas Telematics. Typische Datensätze, die regelmäßig übertragen werden, sind:
Diese Daten werden je nach Konfiguration unterschiedlich oft gesendet: von minütlichen Kurzmeldungen bis zu stündlichen Statusreports.
Wie lese ich die Rohdaten — die ersten Schritte
Wenn ich eine neue Maschine anschaue, beginne ich immer mit dem Dashboard in Claas Telematics oder dem OEM-Portal, das der Betrieb nutzt. Wichtig sind mir drei Dinge gleich zu Beginn:
Ein häufiger Anfängerfehler: Man interpretiert eine einzelne Höchsttemperatur als defekt. Ich schaue zuerst, ob das erhöhte Temperaturereignis mit hoher Belastung (z. B. lange Hangfahrt, großer Hydraulikbedarf) oder mit einem Kurzschluss im Kühlsystem zusammenfällt.
Wichtige Parameter und ihre Interpretation
In der Praxis konzentriere ich mich auf einige Schlüsselgrößen — weil sie am aussagekräftigsten für bevorstehenden Verschleiß oder akute Probleme sind.
| Parameter | Was ich beobachte | Interpretation / Handlung |
|---|---|---|
| Motortemperatur | Spitzen, Dauerwerte, Wiederholungen | Ein einmaliger Anstieg bei hoher Last ist normal; stetig erhöhte Werte sprechen für Kühlsystemproblem (Thermostat, Wasserpumpe, Verschmutzung) — kontrollieren, Kühlmittelstand prüfen. |
| Öldruck | Schnelle Abfälle, Schwankungen | Plötzlicher Druckabfall = Risiko für Motorschaden. Sofortiger Stopp, Ölstand prüfen, Filterwechsel, Diagnose im Fehlerspeicher. |
| Kraftstoffverbrauch (l/h, l/ha) | Anstieg gegenüber Basislinie | Steigender Verbrauch ohne Mehrleistung deutet auf Einspritzdüsen, Luftzufuhr oder Motoreinstellungen hin. |
| Hydraulikdruck/-temperatur | Überhitzung, Druckverluste | Zu hohe Temp. beeinträchtigt Dichtungen und Ventile; Druckschwankungen zeigen mögliche Leckage oder Pumpenverschleiß. |
| PTO-Stunden & Betriebszyklen | Summe & zyklische Belastung | Wichtige Grundlage für verschleißbasierte Wartung — Plan für Kupplung, Getriebe. |
| DTCs / Fehlermeldungen | Art, Häufigkeit, Rücksetz-Verhalten | Priorisieren: Sicherheitsrelevante Fehler vor Komfortmeldungen behandeln. Dokumentation / Service-Tool zur Fehleranalyse nutzen. |
Fehlermeldungen sinnvoll priorisieren
Nicht jeder DTC bedeutet sofortigen Stillstand — ich unterscheide nach Schweregrad:
Trend-Analyse: Muster erkennen statt einzelne Werte
Für Fehlerprävention ist die Trendanalyse Schlüsseldisziplin. Ein einzelner hoher Kraftstoffverbrauch ist kaum aussagekräftig, ein kontinuierlich steigender Verbrauch über Wochen ist es sehr wohl. Ich lege mir deshalb Standard-Baselines für jede Maschine an:
Anhand dieser Baselines markiere ich Abweichungen von mehr als 10–15 % als Anlass für eine Inspektion. Das hilft, Verschleißteile rechtzeitig zu tauschen — oft deutlich günstiger als ein Ausfall im Feld.
Datengüte: Filter, Validierung und Datenlücken
Ich prüfe die Qualität der Telemetrie regelmäßig: Sind Sensorwerte plausibel? Gibt es auffällige Sprünge, die auf einen fehlerhaften Sensor hindeuten? Datenlücken (fehlende GPS-Position oder Stunden) kann ich oft mit Borddatenloggern oder durch Abgleich mit Werkstattprotokollen schließen.
Praktische Werkzeuge und Integrationen
Claas Telematics ist zentral, aber oft mache ich mir Kickboards in anderen Systemen auf — z. B. Farm-Management-Software (FMS), Agrirouter oder Herstellerportale für Anbaugeräte. Gute Tools bieten:
Für die Diagnose im Detail nutze ich oft das Service-Tool des Herstellers (z. B. Werkstattsoftware mit Zugriff auf erweiterten CAN-Log), wenn Telemetrie allein nicht reicht.
Praxisbeispiele — wie ich Fehler vorbeuge
Ein Beispiel aus der Werkstatt: Bei einem MF-Traktor mit Claas-Steuerung stieg der Kraftstoffverbrauch über drei Wochen um 18 %. Telemetriedaten zeigten gleichzeitig leicht erhöhte Ansauglufttemperaturen und unregelmäßige Einspritzzeiten. Ergebnis: verschmutzter Luftfilter und beginnende Einspritzdüsenverschmutzung. Nach Filterwechsel und Düsenprüfung wurde der Verbrauch wieder normal.
Ein anderes Beispiel: Wiederholte Hydraulik-Übertemperaturen bei Hangarbeiten. Telemetrie zeigte, dass die Maschine in Sandfeldern deutlich längere Leerlaufphasen bei hoher Hydraulikbelastung hatte. Maßnahme: Fahrerbriefing zur optimierten Schalthandhabung und Austausch der Hydraulikflüssigkeit — Folgeausfall konnte verhindert werden.
Tipps für Landwirte: was sofort umsetzen
Was Telemetrie nicht ersetzt
Telemetrie ist ein mächtiges Werkzeug, aber sie ersetzt nicht den Blick der Mechanikerin oder des Fahrers. Manchmal ist das beste Diagnosewerkzeug ein Check in der Werkstatt: Sichtprüfung, Ölprobenanalyse, Messungen am Motor oder eine Probefahrt. Telemetrie gibt Hinweise — die endgültige Diagnose kommt oft erst mit physischer Prüfung.
Wenn Sie möchten, kann ich Ihnen gern helfen, Ihre eigenen Claas-Telemetriedaten zu interpretieren oder ein Dashboard-Vorlage für Ihre Flotte zu erstellen. Schreiben Sie mir die wichtigsten Einsatzdaten und ich schaue mir die Parameter an, die für Ihre Maschinen besonders aussagekräftig sind.