Wie lese und interpretiere ich Telemetriedaten von Claas Traktoren zur Fehlerprävention

Wie lese und interpretiere ich Telemetriedaten von Claas Traktoren zur Fehlerprävention

Telemetriedaten sind für mich längst kein technisches Buzzword mehr, sondern tägliches Arbeitsmaterial: Sie helfen, Störungen früh zu erkennen, Verschleiß zu planen und Einsätze effizienter zu gestalten. Bei Claas-Traktoren (und vergleichbaren Fabrikaten) steckt hinter den Meldungen und Zahlen eine Menge Praxiswissen — hier beschreibe ich, wie ich Telemetriedaten lese, interpretiere und für die Fehlerprävention nutze.

Welche Daten liefert Claas-Telemetrie grundsätzlich?

Claas setzt bei vielen Modellen auf eine Kombination aus fahrzeuginterner Steuerung, CAN-Bus-Kommunikation und dem Cloud-Dienst Claas Telematics. Typische Datensätze, die regelmäßig übertragen werden, sind:

  • Motor-Drehzahl (RPM)
  • Kraftstoffverbrauch (l/h oder l/ha)
  • Motortemperatur / Kühlmitteltemperatur
  • Öldruck und Öltemperatur (sofern sensorisch erfasst)
  • Hydraulikdrücke und -temperaturen
  • PTO-Drehzahl und PTO-Betriebszeit
  • Fehlercodes / DTCs (Diagnostic Trouble Codes)
  • GPS-Position, Arbeitsbreite und Fahrgeschwindigkeit
  • Maschinenstunden und Getriebezustand
  • Diese Daten werden je nach Konfiguration unterschiedlich oft gesendet: von minütlichen Kurzmeldungen bis zu stündlichen Statusreports.

    Wie lese ich die Rohdaten — die ersten Schritte

    Wenn ich eine neue Maschine anschaue, beginne ich immer mit dem Dashboard in Claas Telematics oder dem OEM-Portal, das der Betrieb nutzt. Wichtig sind mir drei Dinge gleich zu Beginn:

  • Datum/Uhrzeit und Häufigkeit der Übertragung — ohne regelmäßige Datenbasis kann keine Aussage zu Trends getroffen werden.
  • Korrelation von GPS-Track und Maschinenbetrieb — war die Maschine im Feld, auf der Straße oder in der Werkstatt?
  • Vorhandene Fehlercodes (DTCs) und deren Zeithorizont — treten Codes einmalig oder wiederholt auf?
  • Ein häufiger Anfängerfehler: Man interpretiert eine einzelne Höchsttemperatur als defekt. Ich schaue zuerst, ob das erhöhte Temperaturereignis mit hoher Belastung (z. B. lange Hangfahrt, großer Hydraulikbedarf) oder mit einem Kurzschluss im Kühlsystem zusammenfällt.

    Wichtige Parameter und ihre Interpretation

    In der Praxis konzentriere ich mich auf einige Schlüsselgrößen — weil sie am aussagekräftigsten für bevorstehenden Verschleiß oder akute Probleme sind.

    ParameterWas ich beobachteInterpretation / Handlung
    MotortemperaturSpitzen, Dauerwerte, WiederholungenEin einmaliger Anstieg bei hoher Last ist normal; stetig erhöhte Werte sprechen für Kühlsystemproblem (Thermostat, Wasserpumpe, Verschmutzung) — kontrollieren, Kühlmittelstand prüfen.
    ÖldruckSchnelle Abfälle, SchwankungenPlötzlicher Druckabfall = Risiko für Motorschaden. Sofortiger Stopp, Ölstand prüfen, Filterwechsel, Diagnose im Fehlerspeicher.
    Kraftstoffverbrauch (l/h, l/ha)Anstieg gegenüber BasislinieSteigender Verbrauch ohne Mehrleistung deutet auf Einspritzdüsen, Luftzufuhr oder Motoreinstellungen hin.
    Hydraulikdruck/-temperaturÜberhitzung, DruckverlusteZu hohe Temp. beeinträchtigt Dichtungen und Ventile; Druckschwankungen zeigen mögliche Leckage oder Pumpenverschleiß.
    PTO-Stunden & BetriebszyklenSumme & zyklische BelastungWichtige Grundlage für verschleißbasierte Wartung — Plan für Kupplung, Getriebe.
    DTCs / FehlermeldungenArt, Häufigkeit, Rücksetz-VerhaltenPriorisieren: Sicherheitsrelevante Fehler vor Komfortmeldungen behandeln. Dokumentation / Service-Tool zur Fehleranalyse nutzen.

    Fehlermeldungen sinnvoll priorisieren

    Nicht jeder DTC bedeutet sofortigen Stillstand — ich unterscheide nach Schweregrad:

  • Kritisch (z. B. Öldruckverlust, Überhitzung, Motorausfall) → Sofortige Stilllegung und Fehlersuche.
  • Hoch (z. B. wiederkehrende Sensorfehler, Hydraulikausfall bestimmter Kreise) → Kurzfristiger Service-Termin, Maschinennutzung einschränken.
  • Moderate bis niedrig (z. B. Komfortfunktionen, geringe Sensorabweichung) → Beobachtung, beim nächsten Service beheben.
  • Trend-Analyse: Muster erkennen statt einzelne Werte

    Für Fehlerprävention ist die Trendanalyse Schlüsseldisziplin. Ein einzelner hoher Kraftstoffverbrauch ist kaum aussagekräftig, ein kontinuierlich steigender Verbrauch über Wochen ist es sehr wohl. Ich lege mir deshalb Standard-Baselines für jede Maschine an:

  • Durchschnittlicher Verbrauch pro Arbeitstunde und pro Hektar
  • Mittlere Motortemperatur bei vergleichbarer Last
  • Intervallzeiten bis zur nächsten planbaren Wartung (z. B. Ölwechsel nach X Betriebsstunden)
  • Anhand dieser Baselines markiere ich Abweichungen von mehr als 10–15 % als Anlass für eine Inspektion. Das hilft, Verschleißteile rechtzeitig zu tauschen — oft deutlich günstiger als ein Ausfall im Feld.

    Datengüte: Filter, Validierung und Datenlücken

    Ich prüfe die Qualität der Telemetrie regelmäßig: Sind Sensorwerte plausibel? Gibt es auffällige Sprünge, die auf einen fehlerhaften Sensor hindeuten? Datenlücken (fehlende GPS-Position oder Stunden) kann ich oft mit Borddatenloggern oder durch Abgleich mit Werkstattprotokollen schließen.

    Praktische Werkzeuge und Integrationen

    Claas Telematics ist zentral, aber oft mache ich mir Kickboards in anderen Systemen auf — z. B. Farm-Management-Software (FMS), Agrirouter oder Herstellerportale für Anbaugeräte. Gute Tools bieten:

  • Echtzeit-Alerts per SMS / E-Mail
  • Zugriff auf Historische Logs
  • Exportfunktionen (CSV, ISO-XML) für tiefergehende Analysen
  • Für die Diagnose im Detail nutze ich oft das Service-Tool des Herstellers (z. B. Werkstattsoftware mit Zugriff auf erweiterten CAN-Log), wenn Telemetrie allein nicht reicht.

    Praxisbeispiele — wie ich Fehler vorbeuge

    Ein Beispiel aus der Werkstatt: Bei einem MF-Traktor mit Claas-Steuerung stieg der Kraftstoffverbrauch über drei Wochen um 18 %. Telemetriedaten zeigten gleichzeitig leicht erhöhte Ansauglufttemperaturen und unregelmäßige Einspritzzeiten. Ergebnis: verschmutzter Luftfilter und beginnende Einspritzdüsenverschmutzung. Nach Filterwechsel und Düsenprüfung wurde der Verbrauch wieder normal.

    Ein anderes Beispiel: Wiederholte Hydraulik-Übertemperaturen bei Hangarbeiten. Telemetrie zeigte, dass die Maschine in Sandfeldern deutlich längere Leerlaufphasen bei hoher Hydraulikbelastung hatte. Maßnahme: Fahrerbriefing zur optimierten Schalthandhabung und Austausch der Hydraulikflüssigkeit — Folgeausfall konnte verhindert werden.

    Tipps für Landwirte: was sofort umsetzen

  • Regelmäßige Überprüfung der Übertragungsfrequenz und Alerts einrichten — lieber wenige, aber aussagekräftige Warnungen.
  • Baselines definieren: Normalwerte für Ihre Felder, Motoren und Einsätze erfassen.
  • Fehlercodes dokumentieren — inklusive situativer Daten (Boden, Last, Wetter) — das erleichtert die Ursachenforschung.
  • Sensoren und Steckverbindungen regelmäßig prüfen — schlechte Sensoren liefern falsche Alarme.
  • Wartungsintervalle nicht nur nach Stunden, sondern nach Nutzungsprofil anpassen.
  • Was Telemetrie nicht ersetzt

    Telemetrie ist ein mächtiges Werkzeug, aber sie ersetzt nicht den Blick der Mechanikerin oder des Fahrers. Manchmal ist das beste Diagnosewerkzeug ein Check in der Werkstatt: Sichtprüfung, Ölprobenanalyse, Messungen am Motor oder eine Probefahrt. Telemetrie gibt Hinweise — die endgültige Diagnose kommt oft erst mit physischer Prüfung.

    Wenn Sie möchten, kann ich Ihnen gern helfen, Ihre eigenen Claas-Telemetriedaten zu interpretieren oder ein Dashboard-Vorlage für Ihre Flotte zu erstellen. Schreiben Sie mir die wichtigsten Einsatzdaten und ich schaue mir die Parameter an, die für Ihre Maschinen besonders aussagekräftig sind.


    Sie sollten auch die folgenden Nachrichten lesen:

    Reparatur & Wartung

    Welche Ersatzteile sollten auf jedem mittelgroßen Hof vorrätig sein und warum

    03/12/2025

    Auf jedem mittelgroßen Hof gibt es Maschinen, die täglich gebraucht werden — und genau so häufig passieren auch kleine (oder größere)...

    Weiterlesen...
    Welche Ersatzteile sollten auf jedem mittelgroßen Hof vorrätig sein und warum
    Reparatur & Wartung

    Wie erstelle ich eine Checkliste für die Saisonwartung von Mähdreschern

    03/12/2025

    Die Saisonwartung von Mähdreschern ist für mich mehr als eine To‑Do‑Liste vor dem Erntebeginn — sie ist die Grundlage für Verfügbarkeit,...

    Weiterlesen...
    Wie erstelle ich eine Checkliste für die Saisonwartung von Mähdreschern