Als Redakteurin von Hagenah Landtechnik bekomme ich oft die Frage: Wie praktisch ist diese Smart Farming App wirklich für den Einsatz auf dem Hof? Theoretisch klingen viele Funktionen toll — aber in der Praxis entscheidet die Alltagstauglichkeit. In diesem Beitrag erkläre ich, wie ich die Praxistauglichkeit von Smart Farming Apps anhand von vier konkreten Tests bewerte. Ich schreibe aus meiner Erfahrung mit Feldversuchen, Werkstattarbeit und dem täglichen Umgang mit Landtechniksoftware.
Warum vier Tests — und nicht nur Funktionen zählen
Eine App kann auf dem Papier alle Funktionen haben: Karten, Schnittstellen zu ISOBUS, Aufgabenplanung, Ertragsprognosen. Für mich ist jedoch entscheidend, wie zuverlässig und schnell diese Funktionen unter wirklich rauen Bedingungen funktionieren: schlechtes Mobilfunknetz, Schmutz im Traktor, hektischer Tagesablauf, unterschiedliche Bediener. Deshalb habe ich ein Prüfkonzept entwickelt, das vier Kernbereiche abdeckt:
Test 1 — Robustheit & Offline-Fähigkeit
In der Werkstatt und auf dem Feld habe ich Geräte meist mit schlechtem oder gar keinem Mobilfunkempfang. Eine App, die ohne ständigen Onlinezugang nicht nutzbar ist, ist für mich nur bedingt praxistauglich. Beim Test prüfe ich:
Praxisbeispiel: Bei einem Test mit einer bekannten Feldmanagement-App (Name spare ich aus Fairness, aber sie ist am Markt verbreitet) fiel auf, dass sie keine Offline-Karten vorhält — sobald das Netz weg war, war die Kartennavigation unbrauchbar. Dagegen konnte eine andere App (herstellerübergreifend in meinem Test) Felddaten lokal cachen und später sauber synchronisieren. Diese einfache Eigenschaft spart mir beim Einsatz mehrere Nacharbeiten.
Test 2 — Usability & Bedienlogik
Eine App muss schnell zu bedienen sein: Landwirtinnen und Lohnunternehmer haben wenig Zeit für lange Schulungen. Ich teste die Usability nach realen Szenarien:
Ich setze hierfür unterschiedliche Testpersonen ein: vom technikaffinen Junglandwirt bis zur langjährig erfahrenen Landwirtin ohne App-Vorerfahrung. Ein gutes Produkt glänzt nicht durch Optionen, sondern durch klare, verständliche Prozesse. In einem meiner Tests war die Menünavigation so verschachtelt, dass der jüngere Bediener zwar die Funktion fand, aber eine Zeiteinheit verlor — auf dem Feld summiert sich das schnell.
Test 3 — Schnittstellen & Datenfluss (ISOBUS, Telemetrie, CSV)
Die Fähigkeit, Daten zu empfangen und zu senden, entscheidet oft über Nutzen und Integration in bestehende Arbeitsabläufe. Ich prüfe:
In der Praxis stellte sich heraus, dass manche Anbieter zwar ISOBUS-Logging versprechen, aber nur ein eingeschränktes Mapping der Felddaten liefern — Feldgrenzen gehen verloren oder Aufgaben werden falsch zugeordnet. Mein Tipp: Vor dem Kauf gezielt Tests mit dem eigenen Terminal und vorhandenen Maschinen durchführen. Ich dokumentiere das Ergebnis dieser Tests gern als Checkliste, die ich beim Produktvergleich nutze.
Test 4 — Praxis-Workflow & Zeitersparnis
Am Ende frage ich immer: Spart die App wirkliche Arbeitszeit oder verschiebt sie nur Tätigkeiten in die digitale Nachbearbeitung? Für diesen Test simuliere ich komplette Workflows:
Beispiel: Bei einem Ernteversuch mit Auftragsdokumentation zeigte eine getestete Lösung klare Vorteile — die Dokumentation lief automatisch und sparte 30–45 Minuten pro Stunde Dokumentationsaufwand gegenüber manueller Erfassung. Allerdings war ein anderer Anbieter zwar sehr gut in der Planung, ließ aber die praxisnahe Übergabe von Aufgaben zwischen Fahrern vermissen — im täglichen Einsatz führte das zu Zeitverlusten.
Bewertungssystem: Einfache Punkteskala
Damit meine Testergebnisse vergleichbar sind, nutze ich eine einfache Punkteskala (0–5 Punkte) für jeden der vier Tests und ein Gewichtungsmodell, das die wichtigsten Kriterien stärker bewertet. In der Tabelle unten zeige ich ein Beispiel-Rating einer fiktiven App:
| Kriterium | Max. Punkte | Fiktive App A |
|---|---|---|
| Robustheit & Offline-Fähigkeit | 5 | 4 |
| Usability & Bedienlogik | 5 | 3 |
| Schnittstellen & Datenfluss | 5 | 4 |
| Praxis-Workflow & Zeitersparnis | 5 | 3 |
| Gesamt (von 20) | 20 | 14 |
Ich erkläre auf Hagenah Landtechnik, wie die Punktzahl zustande kommt — z. B. Netzwerkstabilität 30% Gewicht bei Robustheit, Schnittstellen 40% bei Datenfluss — damit Empfehlungen nachvollziehbar bleiben.
Konkrete Tipps vor dem Kauf oder Einsatz
In der Praxis hat sich gezeigt, dass einfache, robuste Lösungen oft mehr Nutzen bringen als Feature-starke, aber instabile Systeme. Apps wie John Deere Operations Center oder Claas Telematics haben Vor- und Nachteile — sie sind sehr gut integriert, aber abhängig von Händler- bzw. Herstellerökosystemen. Offene Systeme wie FieldMargin oder MyJohnDeere-Alternativen punkten mit einfacher Bedienung und offenem Datenaustausch, verlieren jedoch manchmal bei Maschinenintegration.
Mein persönlicher Praxisrat
Wenn ich eine neue Smart Farming App bewerte, beginne ich mit den vier Tests in dieser Reihenfolge: zuerst Robustheit (denn ohne stabile Basis bringt Usability nichts), dann Schnittstellen (Integration entscheidet über Alltagstauglichkeit), danach Usability und zum Schluss Workflow/Zeiteffizienz. Auf Hagenah Landtechnik dokumentiere ich die Tests transparent — inklusive Geräte, Testbedingungen und Datenformaten — damit Sie als Leserinnen und Leser die Resultate auf Ihren Betrieb übertragen können.
Wenn Sie möchten, kann ich gern eine Checkliste zusenden oder Ihre Wunsch-App in einem Feldtest bewerten. Schreiben Sie mir — ich teste mit Freude direkt auf Ihrem Hof oder mit Ihren Maschinen, um praktische, umsetzbare Empfehlungen zu geben.